Stand: 26. Oktober 2025
Ist das Reisen in Madagaskar aktuell sicher?
Zuerst einmal das Wichtigste: Das Reisen auf Madagaskar ist aktuell ungestört möglich. Mit Protesten oder Unruhen wird derzeit nicht gerechnet. Es herrschen keinerlei Ausgangssperren oder sonstige Reisebeschränkungen.
Es gibt aktuell keine Reisewarnung des Auswärtigen Amtes für Madagaskar. Seit der Flucht des ehemaligen Präsidenten aus Madagaskar Mitte Oktober 2025 gibt es weder Demonstrationen noch weitere Proteste. Die Lage hat sich vollständig beruhigt. Lediglich verschiedene friedliche Feiern im Stadtkern von Antananarivo wurden abgehalten. Der internationale Flughafen Ivato, Antananarivo, ist wie gewohnt geöffnet und wird von allen Fluglinien angeflogen. Von Reisenden besuchte Gebiete wie Nationalparks oder Schutzgebiete waren zu keinem Zeitpunkt Ziel der Protestierenden und von Unruhen durchgehend nicht betroffen. Alle Unruhen haben sich bisher ausschließlich auf Stadtzentren konzentriert, die auch sonst kein guter Aufenthaltsort für Reisende sind.
Grundsätzliches zum Reisen auf Madagskar
Vor allem große Städte wie Ambilobe, Antananarivo oder Toliara haben durch sehr viel Armut und eine hohe Bevölkerungsdichte mit erhöhter Kriminalität zu kämpfen. Dies ist keine neue Entwicklung, sondern bereits seit Jahren der Fall. Es ist grundsätzlich in diesen Ballungszentren nicht empfehlenswert, nachts unterwegs zu sein oder tagsüber alleine mit Kamera-Ausrüstung, womöglich offen getragenem Schmuck spazieren zu gehen oder Wertgegenstände offen im Fahrzeug liegen zu lassen. Das sind Grundregeln, die man auch in europäischen Großstädten nicht vernachlässigen sollte. Zusätzlich ist der äußerste Süden Madagaskars seit Längerem schwierig zu bereisen, da (Vieh-)Diebesbanden unterwegs sind. Die madagassische Polizei hat seit Jahren Probleme, diese in den Griff zu bekommen.
Außerhalb der Städte und innerhalb der Nationalparks und Reservate ist das Reisen sicher, solange man grundlegende Sicherheitsregeln beachtet. Gerade Ausflüge in kleinere Hüttendörfer zum Beobachten von Tieren bergen keine größere Gefahr als jeder Ausflug in Europa auch. Es ist grundlegend empfehlenswert, als Gruppe oder individuell mit Guides einer erfahrenen Reiseagentur zu reisen und gemietete Pkws samt Fahrern zu nutzen. Taxibrousse als Reisegelegenheit sind mit einem sehr hohem Unfallrisiko behaftet. Innerhalb großer Städte sollte man nach Einbruch der Dunkelheit nicht alleine unterwegs sein und sich nicht mehr mit dem Fahrzeug zwischen Städten bewegen. Die meisten Fahrer werden dies aber sowieso ablehnen, und Autos ohne Fahrer sind auf Madagaskar so gut wie nicht zu mieten.
Lassen Sie sich durch reißerische Schlagzeilen bitte nicht davon abhalten, Madagaskar sicher mit erfahrenen Guides, am besten organisiert von langjährig auf der Insel arbeitenden Unternehmen, zu bereisen.
Was hat es mit den Unruhen 2025 und der Flucht des Präsidenten auf sich?
Kurz zur Vorgeschichte: Madagaskar ist seit Jahrzehnten eines der ärmsten Länder der Welt. Präsident Andry Rajoelina kam 2009 durch einen Putsch an die Macht. Seine Wiederwahlen wurden von den Oppositionsparteien sehr kritisch gesehen. Bei den Präsidentschaftswahlen 2023 hatten eine Vielzahl an Kandidaten die Wahl wegen Korruptions- und Betrugsvorwürfen boykottiert. Rajoelina hatte 2014 die französische Staatsbürgerschaft angenommen, was einen Verstoß gegen die madagassische Verfassung darstellt und erst 2023 aufgedeckt wurde. In den letzten Jahren zeigte Rajoelina immer wieder einen sehr luxuriösen Lebensstil, was von madagassischen Influencern und Oppositionspolitikern heftig kritisiert worden war. Rund 200 kg gestohlene Goldbarren aus staatlichem Besitz wurden gerüchteweise immer wieder mit Rajoelina in Verbindung gebracht.

Aktuelles Geschehen: Im September 2025 kam es über 14 Tage lang zu anhaltenden Ausfällen der Wasserversorgung in der madagassischen Hauptstadt Antananarivo. Zusätzlich schaltete das staatliche Strom- und Wasserversorgungsunternehmen Jirama immer wieder über Stunden den Strom in Antananarivo ab. Teilweise herrschte ganze Nächte Stromausfall. Am 18. September 2025 riefen zwei madagassische Politiker im Senat von Anosy öffentlich zu Massenprotesten gegen Korruption, Wassermangel und Stromausfällen auf. Eine Bewegung junger Menschen formierte sich unter dem Namen „Gen Z Madagasikara“ auf Social Media und schloss sich den Protestaufrufen an. Als Emblem nutzten sie einen Totenkopf aus dem Manga One Piece, dem statt eines Strohhuts ein madagassischer Betsileo-Hut aufgesetzt wurde.
Am 24. September 2025 wurden die für den Folgetag für Ambohijatovo (Antananarivo) angesetzten Demonstrationen verboten. Präsident Rajoelina verweilte währenddessen in New York auf der UN-Vollversammlung. Trotzdem kam es am 25. September zu den angekündigten Demonstrationen und Protestaktionen in mehreren Großstädten Madagaskars. Die Gendarmerie in Antananarivo versuchte, die Zugänge zum angekündigten Demonstrationsgelände zu blockieren. Als dies nur sehr schlecht gelang, versuchte die Gendarmerie stattdessen, die Demonstration gewaltsam aufzulösen. Tränengas und Gummigeschosse wurden eingesetzt.

Daraufhin entlud sich die Wut der Demonstrierenden in Form angezündeter Autoreifen und eines umgekippten, angezündeten Müllcontainers als provisorische Straßensperre. Die Station Akorondrano, eine von drei existenten Seilbahn-Stationen der Stadt, kam durch Brandstiftung zu Schaden. Das Seilbahnprojekt war von Präsident Andry Rajoelina als Prestigeprojekt über Monate vorangetrieben worden und verschlang geschätzte 152 Millionen Euro – unmittelbar neben den ärmsten Menschen der Welt. Im Einkaufscenter „Tana Water Front“ kam es zu Sachbeschädigungen in Form eingeschlagener Fensterscheiben, was zu Plünderungen der betroffenen Geschäfte führte. Am Abend wurde für Antananarivo, Mahajanga, Toamasina, Antsirabe und Toliara eine nächtliche Ausgangssperre festgelegt. Zeitgleich wurden auf Social Media unzählige Videos geteilt, unter anderem von gewaltsamen Ausschreitungen in Nepal, die durch verschiedene Medien ungefragt übernommen und weiterverbreitet wurden. Das tatsächliche Ausmaß der Ausschreitungen vor Ort wurde teils massiv übertrieben, teils einfach falsch dargestellt. Die internationale Presse nahm mangels Journalisten vor Ort kaum Notiz.

Am 26. September 2025 entließ Präsident Rajoelina den Minister für Energie und Kohlenwasserstoff. Für den 27. September kündigte Gen Z erneut Proteste an, diesmal ausgehend vom Universitätsgelände von Ankatso (Antananarivo). Die Gendarmerie versuchte mit Schüssen und Tränengas, die Demonstrierenden zu zerstreuen. Das gleiche geschah zwei Tage später, diesmal versuchten die Studenten erneut nach Ambohijatovo zu gelangen. Erste Rufe nach dem Rücktritt des Präsidenten wurden laut. Daraufhin verkündete Präsident Rajoelina am 29. September die Auflösung der Regierung und entließ den Premierminister. Er gab an, innerhalb der nächsten drei Tage einen neuen Premierminister zu benennen, wobei angeblich jeder Madagasse/jede Madagassin Vorschläge einreichen dürfe. Die Proteste dauerten in den nächsten Tagen an, beschränkten sich aber ausschließlich auf den Stadtkern. In Antananarivo wurden private Bürgerwehren gegründet, die nachts patrouillierten, um weitere Plünderungen und Sachbeschädigungen zu verhindern. Einige Schulen im Stadtzentrum setzten für wenige Tage den Unterricht aus. Insgesamt sollen während der Unruhen bis dahin 22 Menschen getötet worden sein, darunter Studenten in Diego Suarez, aber auch Plünderer in Tana. Die internationale Presse begann, zunächst zögerlich, über die Unruhen in Madagaskar zu berichten.
Am 06. Oktober wurde Militärgeneral Zafisambo zum neuen Premierminister ernannt. Die Ernennung führte zu neuerlichen Protestaufrufen der Gen Z auf Social Media, da es sich dabei um einen Rajoelina sehr nahestehenden General handelte und nicht wie angekündigt um einen „Neuanfang“ ausgewählt aus „Tausenden von eingesendeten Lebensläufen“. Rajoelina lud spontan zu einem „nationalen Dialog“ ein, der von der Gen Z jedoch als reine Farce eingestuft wurde, solange die Gendarmerie parallel weiter friedliche Demonstranten mit Tränengas beschieße. Der Präsident verkündete auf der dreistündigen Veranstaltung, er werde freiwillig zurücktreten, wenn er nicht innerhalb eines Jahres die Stromausfälle in Antananarivo in den Griff bekommen würde. Seitens der Gen Z wurde dies damit kommentiert, er habe bereits 16 Jahre Zeit gehabt – seit dem Putsch 2009, mit dem er erstmals an die Macht gekommen war. Gen Z stellte ein Ultimatum: Rajoelina sollte bis zum 09. Oktober zurücktreten, sonst rufe man zu einem Generalstreik auf.

Am 11. Oktober erklärte die sogenannte CAPSAT-Einheit (Corps d’armée des personnels et des services administratifs et techniques) des Militärs Madagaskars, den Präsidenten nicht weiter zu unterstützen und sich der Gen Z Protestbewegung anzuschließen. Im Anschluss an eine öffentliche Rede des Chefs von CAPSAT, Colonel Michaël Randrianirina, zog die Militäreinheit zum historisch bedeutsamen Platz des 13. Mai in Antananarivo. Sie wurde jubelnd von Demonstrierenden begrüßt. Am gleichen Tag jagte das Militär die Gendarmerie über die Straße der Unabhängigkeit, bevor diese sich weitestgehend friedlich ebenfalls der Protestbewegung anschloss. Im Ausland wurde die Machtübernahme durch das Militär als Staatsstreich wahrgenommen. Gerüchte gingen um, Präsident Rajoelina habe sich in der französischen Botschaft verschanzt.
Am 12. Oktober wurde ein Hubschrauber gesichtet, der von Antananarivo zur Insel Nosy Boraha (St. Marie) an der Ostküste Madagaskars unterwegs war. Bereits kurz nach dessen Ankunft nahm ein französisches Militärflugzeug eine Person auf der Insel an Bord und flog diese in Richtung La Réunion außer Landes. Gerüchte machten schnell die Runde, es handele sich dabei um Präsident Rajoelina. Wie später bestätigt wurde, war der Präsident am gleichen Tag tatsächlich zuerst nach La Réunion und schließlich nach Dubai geflohen. Er unterhält dort unter anderem eine Luxusresidenz am berühmten Jumeirah Beach.
Am 14. Oktober stimmte die Nationalversammlung Madagaskars auf einer kurzfristig einberufenen Sondersitzung mit 130 Stimmen und 1 Enthaltung für die Amtsenthebung Rajoelinas. Das madagassische Verfassungsgericht schlug Colonel Michaël Randrianirina als Interimspräsident vor. Der Colonel erklärte, dass alle staatlichen Institutionen mit Ausnahme der Nationalversammlung aufgelöst werden.
Colonel Randrianirina wurde am 17. Oktober 2025 als Interimspräsident vereidigt. Er soll den Übergang bis zu den nächsten demokratischen Wahlen und damit einer zivilen Regierung gestalten. Bisher kündigte er vor allem an, das Wahlrecht gerechter gestalten zu wollen. Bisher konnten lediglich rund 11 Millionen der knapp 30 Millionen Einwohner Madagaskars überhaupt an Wahlen teilnehmen – in Zukunft soll jeder Madagasse mit einer ID wählen dürfen. Inzwischen wurde dem ehemaligen Präsidenten Rajoelina die madagassische Staatsbürgerschaft entzogen.
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