Brandneues

Piratenfriedhof St. Pierre

An der Ostküste Madagaskars, genauer auf Nosy Boraha (St. Marie), soll es im 17. und 18. Jahrhundert die legendäre Piratenrepublik Libertalia gegeben haben. Umgefallene und windschiefe, Jahrhunderte alte Grabsteine auf dem verlassenen Friedhof St. Pierre, nahe der größten Stadt der Insel, Ambodifotatra, zeugen zumindest von einer abenteuerlichen Zeit auf der madagassischen Insel.

Piratenfriedhof St. Pierre
Eines der Gräber auf St. Pierre

Berühmte Piraten wie „der Erzpirat“ Henry Every, „der Bussard“ Olivier le Vasseur, „the Rhode island pirate“ Thomas Tew, John Bowen oder William Kidd lebten zeitweise auf Nosy Boraha und machten die Insel zum Ausgangspunkt ihrer Raubzüge. Sie enterten Schiffe voller Juwelen, Gewürze und Rum, die sich auf den beiden großen Seehandelswegen der damaligen Zeit auf Reise befanden. Nosy Boraha bot Schutz, Nahrung und einen günstig gelegenen Stützpunkt, und etliche Schiffswracks verschiedener Freibeuter zeugen immernoch vom turbulenten Treiben in früheren Zeiten. Noch heute soll sich der legendäre Schatz von William Kidd auf der Pirateninsel in der Bucht von Ambodifotatra befinden, auf die man von St. Pierre eine tolle Aussicht hat. 2015 fand ein Schatzsucher aus den USA einen großen Silberbarren, der angeblich zum Schatz von Kidd gehören sollte. Später stellte sich heraus, dass es sich doch nur um ein Stück Blei zum Beschweren eines Fischernetztes handelte. Etliche Geheimgänge wurden auf Nosy Boraha bereits gefunden, aber ein madagassisches fady (Tabu) verbietet das Öffnen der unterirdischen Stollen. Auch der Schatz von Olivier le Vasseur wurde nie gefunden, man vermutete ihn lange Zeit ebenfalls vergraben auf Nosy Boraha oder der vorgelagerten Pirateninsel. Die Gräber von St. Pierre erzählen Reisenden seit Hunderten von Jahren die Geschichten vieler Menschen, seien es Piraten, Sklavenhändler oder Missionare. Ein Grab berichtet von einem Piratenkapitän, der im Stehen begraben worden sein soll, ein anderes berichtet von einem Mann, der betrunken in einer Taverne einschlief und auf einem Piratenschiff wieder erwachte. Auf einigen Gräbern prangt unverkennbar das Motiv der Piratenflagge Jolly Roger: Ein Totenschädel über zwei gekreuzten Knochen.

Piratenfriedhof St. Pierre
Grabplatte mit Totenkopf-Symbol

Heute kann der Piratenfriedhof tagsüber besucht werden, der Eintritt kostet rund 12.000 Ariary (umgerechnet 3 bis 4 Euro). Ein kleiner Trampelpfad führt südlich von Ambodifotatra hinter der langen, als Brücke dienenden Kaimauer entlang nach links, ab dort ist der Friedhof ausgeschildert. Inzwischen ist ein kleines Häuschen errichtet worden, an dem der Eintritt entrichtet werden kann. Von dort läuft man etwa 900 Meter zu St. Pierre selbst. Leider wurden in den letzten Jahrzehnten etliche Gruften und Gräber mutwillig von Schatzsuchern beschädigt, so dass St. Pierre inzwischen viel von seinem alten Charme verloren hat. Auch die an der Ostküste immer wieder vorkommenden Zyklone haben das Ihre dazu getan, den ursprünglich mehrere hundert Gräber zählenden Friedhof zu verkleinern. Nur rund 30 Gräber sind übrig geblieben. Ein Guide ist für den Besuch des Friedhofs inzwischen obligatorisch. Er kann Ihnen sicher viele Geschichten über die verstorbenen Piraten und über den Friedhof erzählen. Einen Hauch von Grusel und Ehrfurcht jagt St. Pierre auch heute noch jedem ein.

Lesen Sie auch

Die Straße der Unabhängigkeit

Mitten in der Hauptstadt Antananarivo gelegen, ist sie das Zentrum allen Geschehens: Die Straße der …