Einer der ornithologisch interessantesten Vögel Madagaskars gehört auch zu den kleinsten gefiederten Gesellen der Insel: Der Gelbbauchjala (Philepitta schlegeli). Gerade einmal 12 bis 14 cm groß werden diese Vögel, kleiner als eine durchschnittliche Paprika. Der madagassische Name für die kleinen Vögel ist Asity – klingt Englisch? Das ist kein Zufall! Tatsächlich ist die englische Bezeichnung Schlegel’s Asity aus dem Malagasy entlehnt und einfach mit dem Namen des Erstbeschreibers im 19. Jahrhundert, des Ornithologen Hermann Schlegel, verbunden worden.
Gelbbauchjalas lieben Süßes
Gelbbauchjalas leben im Westen und Nordwesten Madagaskars. Karstgestein wie die Tsingy de Bemaraha oder die Tsingy von Ankarana mit kleinen Trockenwäldern zwischen den nadelspitzen Kalkfelsen, aber auch ausgedehnte Trockenwälder wie in Ankarafantsika mögen sie besonders. Ihr nördlichstes Verbreitungsgebiet liegt bei Andrafiamena-Andavakoera; das „südlichste“ liegt etwa im Reservat Kirindy im Westen Madagaskars. Gelbbauchjalas kommen auf Höhen von Meeresniveau bis maximal 800 m üNN vor.
Gelbbauchjalas lieben Fruchtsaft und den süßen Nektar, der sich in den Blüten verbirgt. Fast die gesamte Nahrung des Gelbbauchjalas besteht aus kleinen Früchten und Nektar. Allerdings ist der Westen Madagaskars viele Monate des Jahres staubtrocken. Und gerade zu Ende der Trockenzeit sind auch die letzten und langlebigsten Früchte vertrocknet oder längst vom Baum gefallen. Während dieser Perioden nehmen Gelbbauchjalas auch mit Insekten vorlieb.

Das Prachtkleid der Männchen beeindruckt Mensch und Tier
Mit dem Beginn der Regenzeit im November wird das sonst so ruhige Leben der Gelbbauchjalas turbulent. Während der Balz werfen sich die Männchen in ihr Prachtkleid: Der Kopf wird tiefschwarz mit vier türkisfarbenen Flecken und einem gleichfarbigen Ring um das Auge. Brust und Bauch färben sich während dieser Zeit leuchtend gelb, das übrige Gefieder bleibt olivgrün. Ist ein Weibchen beeindruckt genug, tut sie sich mit dem Männchen als Paar zusammen.
Jedes Paar baut über Tage ein fein geflochtenes Nest. Mühsam schaffen sie Grashalm für Grashalm herbei. Damit gestalten sie eine von einem Ast herunterhängende Spindel, in dessen Mitte der Eingang liegt. Einzelne Blätter werden liebevoll mit den Grashalmen verflochten. Hier wird ein Stück Rinde und dort ein wenig Moos in das Nest gesteckt, bis es perfekt ist. Dabei nutzen Gelbbauchjalas ein ganz besonderes Material, um das Nest zusammenzuhalten und ihm seine charakteristische Spindelform zu geben: Spinnenfäden!

Monogam oder nicht?
Über viele Jahre glaubte man übrigens, dass ein Gelbbauchjala-Männchen sich mit mehreren Weibchen paaren würde. Aktuelle Beobachtungen zeigen jedoch an vielen Orten Madagaskars ein monogames Verhalten, also je nur ein einzelnes Weibchen und ein einzelnes Männchen zusammen. Über die Fortpflanzung der Gelbbauchjalas weiß man überhaupt noch sehr wenig. Wie viele Junge es pro Nest gibt, ob sie von beiden Eltern gleichermaßen versorgt werden und wann die Jungen flügge werden – all das ist noch völlig unbekannt.
Spätestens zum neuen Jahr ist die Brut auch bei den letzten Pärchen beendet. Bald verlieren die Männchen ihr Prachtkleid und sehen wieder so aus wie die Weibchen. Nur ein paar braune Sprenkel im Kopfbereich verzieren dann noch das olivgrüne Gefieder und deuten darauf hin, dass es sich um einen männlichen Gelbbauchjala handelt.

Die Zukunft der Gelbbauchjalas ist bedroht
Gelbbauchjalas werden auf der roten Liste gefährdeter Tierarten als potenziell gefährdet gelistet. Das liegt vor allem daran, dass die noch vorhandenen Populationen weit voneinander entfernt vorkommen. Gelbbauchjalas fliegen in der Regel nicht so weit, als dass sie die dazwischen liegenden, von Sekundärvegetation geprägten, Gebiete überbrücken könnten. Ein genetischer Austausch zwischen den kleinen Populationen ist dadurch nicht mehr möglich. Dazu schwindet der noch verbliebene Lebensraum durch Brandrodung jedes Jahr weiter. Denn nicht nur für Vögel und andere Tiere ist das Überleben im heißen, trockenen Westen schwer – auch die Menschen sind hier häufig extrem arm und suchen Brennholz, Kohle, Ackerland und Wasser in den letzten Waldfragmenten.
Wer Gelbbauchjalas beobachten oder gar fotografieren will, muss ein Quentchen Glück mitbringen. Denn ganz so einfach ist es nicht, diese kleinen Vögel zu erwischen. Gute Beobachtungsmöglichkeiten bieten die Trockenwälder in den Tsingy de Bemaraha und im Nationalpark Ankarafantsika. Beide sind nicht ganz so einfach zu erreichen, aber auch in der Trockenzeit ein Erlebnis – erst recht, wenn man tatsächlich Gelbbauchjalas entdeckt!
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- Photographic evidence of bi-parental nest-building by Schlegel’s Asity Philepitta schlegeli (Philepittidae)
Bulletin of the British Ornithologists’ Club, 145(1):91-94 | 2025 | Autoren: Clifford B. Frith & Dustin Chen - Rufe, Videos und Verbreitungskarten auf eBird
- Photographic evidence of bi-parental nest-building by Schlegel’s Asity Philepitta schlegeli (Philepittidae)