Brandneues

Klein, aber Eisvogel

Eisvögel gibt es in vielen Teilen der Welt. Madagaskar hat aber zusätzlich zum gewöhnlichen Eisvogel mit seiner blauen Farbenpracht noch eine ganz außergewöhnliche Variante hervorgebracht: Den Pygmäen-Eisvogel (Corythornis madagascariensis), seltener auch Madagaskarfischer genannt. Seinen Namen trägt er ganz zu Recht: Der Pygmäen-Eisvogel wird nur 13 cm groß und gerade einmal 20 Gramm schwer. Ein echtes Leichtgewicht! Auch farblich unterscheidet sich die Art vom „großen Bruder“: Das Federkleid ist orange-rot mit weißer Unterseite und ein paar Flecken im Nacken. Lediglich die Handschwingen sind schwarz.

Corythornis madagascariensis
Ein Pygmäen-Eisvogel wartet auf Beute

Hinsichtlich seiner Ernährung schlägt der Pygmäen-Eisvogel ebenfalls ein wenig aus der Art: Er frisst vorwiegend Frösche und Insekten, seltener kleine Reptilien, und ist damit nicht zwingend auf Gewässer angewiesen. Deswegen ist er auch fast überall auf Madagaskar zu finden: In Savannen, in Trockenwäldern genauso wie Regenwäldern, an der Küste, auf Inseln und sogar im Hochland bis 1500 m Höhe. Ausgenommen vom Lebensraum sind lediglich der heiße und trockene Süden und Südwesten Madagaskars, mit diesem Klima kommt der Pygmäen-Eisvogel nicht zurecht.

Pygmäen-Eisvögel suchen nicht sehr aktiv nach Nahrung. Sie sitzen wie viele Eisvögel einfach auf einem Zweig und beobachten die Umgebung, bis ein geeignetes Beutetier erspäht ist. Im Sturzflug wird die Beute dann mit dem Schnabel geschnappt. Um die Beute zu töten, wird sie gegen einen Ast geschlagen, und dann heruntergewürgt.

Zur Zeit sind zwei Unterarten des Pygmäen-Eisvogels beschrieben: Corythornis madagascariensis madagascariensis, die gängige und überall vorkommende Variante, und Corythornis madagascariensis dilutus. Diese Unterart ist ausschließlich vom Nationalpark Zombitse-Vohibasia bekannt und daran zu erkennen, dass ihr die violetten Gefiederränder der anderen Unterart fehlen. Wegen seiner weiten Verbreitung ist der Pygmäen-Eisvogel auf der roten Liste der IUCN als least concern, also nicht gefährdet, eingestuft. Allerdings sehen Wissenschaftler bereits seit Jahren einen abnehmenden Trend in der Population, der bisher jedoch nicht als kritisch gilt. Genaue Zahlen, wie viele brütende Pärchen es gibt, existieren nicht. Bei der Unterart Corythornis madagascariensis dilutus geht man allerdings davon aus, dass sie vom Aussterben bedroht oder gar schon ausgestorben sein könnte. Sie ist ausschließlich von der Erstbeschreibung bekannt und seitdem nie mehr wiedergesehen worden.

Corythornis madagascariensis
Ein etwas heller gefärbtes Tier

Die Brutsaison des Pygmäen-Eisvogels beginnt mit der Regenzeit im Oktober, und dauert bis zum Beginn des neuen Jahres an. Hat ein Pärchen sich gefunden, bauen sie zusammen eine längliche Röhre in feste Erdbänke, in die ein Tier gerade so gut hinein passt. Der Nisttunnel ist rund 20 bis 30 cm lang und schützt das Nest allein durch seine Länge vor aufdringlichen Besuchern wie Lemuren, größeren Reptilien oder anderen Vögeln. Nur Schlangen und kleinere Echsen können den engen Tunnel passieren und sich mit den Eiern verköstigen. Die meisten Eiablagen finden im November und Dezember statt – so hat das schlüpfende Junge beste Bedingungen für eine nahrungsreiche Aufzucht. Vier weiße Eier legt das Pygmäen-Eisvogel-Weibchen ins Nest. Von nun an teilen sich die Eltern die Arbeit: Jeder brütet mal, und in der Zwischenzeit geht der nicht-brütende Elternteil auf Nahrungssuche. Wann genau die Jungen schlüpfen und wie alt sie sind, bevor sie das erste Mal den Nesttunnel verlassen, ist bis heute ungeklärt. Überhaupt gibt es sehr wenige wissenschaftliche Arbeiten über den Pygmäen-Eisvogel. Verwandschaftsverhältnisse mit anderen Eisvögeln sind weitestgehend ungeklärt, über sein Paarungs- und Brutverhalten weiß man sehr wenig, und über die Schlüpflinge so gut wie gar nichts. Es bleibt einfach noch sehr viel zu erforschen an diesen kleinen Eisvögeln.

Mehr Lesens- und Sehenswertes zum Thema:

Lesen Sie auch

Die verborgene zweite Mahafalynatter

Lange gab es nur eine einzige Mahafalynatter auf Madagaskar – dachte man zumindest. 2017 fanden …