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Madagaskars berühmte Ringelschwänze: Die Kattas

Sie sind die inoffiziellen Maskottchen Madagaskars und warscheinlich die berühmtesten madagassischen Lemuren: Die Kattas (Lemur catta). Ihr Konterfei schmückt das Logo von Madagascar National Parks (MNP), unzähliger T-Shirts und Firmenembleme. Maximal 3,5 kg bringt ein ausgewachsener Katta auf die Waage. Der Ringelschwanz ist mit etwa 60 cm länger als der ganze Körper, der nur 40-45 cm misst. Im Gegensatz zu vielen anderen Lemuren Madagaskars, wie beispielsweise dem  Indri, sind Kattas enorm anpassungsfähig. Deshalb werden sie seit Jahrzehnten erfolgreich in Zoos weltweit gehalten und vermehrt. Sie avancierten mit dem charakteristischen Ringelschwanz und den schwarzen Augenmasken überall schnell zu Publikumslieblingen. Dadurch gehören Kattas auch zu den am besten erforschtesten Lemuren Madagaskars. Und damit kommen auch viele Besonderheiten der Art ans Licht.

Katta im Anja Reserve schaut hinter Baum hervor
Ein neugieriger Katta beäugt den Fotografen aus sicherer Entfernung

Man weiß heute beispielsweise, dass der Ringelschwanz eines Kattas immer 13 bis 15 Streifen hat. Die Männchen der Kattas haben einen Penisknochen wie Hund, Gorilla und Walross – der Mensch hat übrigens keinen. Und sogar die Weibchen haben einen  – etwas kleineren – Klitoris-Knochen. Gut ein Drittels des Tages bewegen sich Kattas auf allen Vieren am Boden fort. Das ist sehr ungewöhnlich für eine Lemurenart, denn die meisten Lemuren vermeiden jeden Bodenkontakt auf das peinlichste genau. Über Katta-Kommunikation wurde besonders viel geforscht, man kennt mehr als 25 verschiedene Laute. Sie schnurren wie Katzen, wenn ihnen etwas gefällt, und bellen wie Hunde, wenn sie jemandem drohen wollen. Die Männchen können auch mit dem Gestank ihrer Duftdrüsen drohen. In Zoos wurde der älteste Katta 27 Jahre alt, während seine Verwandten in der Wildnis gerade einmal die Hälfte schaffen.

Auf Madagaskar findet man die Kattas nicht nur im Zoo, sondern vor allem in ihrem natürlichen Lebensraum. Sie bewohnen die trockenen Gebiete des Südwestens. Im Westen wird ihr Verbreitungsgebiet vom Fluss Mangoky und dem Städtchen Belo sur Mer begrenzt, im Norden von den Ausläufern des Andringitra-Gebirges bei Ambalavao. Im Süden kommen sie über Andohahela, Isalo, Tsimanampetsotsa und Zombitse-Vohibasia ungefähr bis Tolagnaro (früher Fort Dauphin) vor. Die meisten dieser Gebiete bestehen aus Trocken- und Dornwäldern sowie Savannen. Die Regenzeit dort ist kurz, und in den übrigen Monaten ist das Klima eher trocken und heiß. Lediglich die Populationen im Andringitra-Gebirge sowie im Anja Community Reserve verfügen über ein eher gemäßigtes Klima mit mehr Regen, dafür aber auch deutlich kühleren Temperaturen. Die einzelnen Populationen sind jedoch zerstreut und kommen teils weit voneinander isoliert vor. Die IUCN führt die Art deshalb auf der roten Liste als „stark gefährdet“.

Katta mit Jungtier
Eine Mutter mit ihrem Nachwuchs

Kattas leben in Familiengruppen von sechs bis fünfzehn Tieren und pflegen das Matriarchat, die Weibchen haben also das Sagen. Männchen haben grundsätzlich das Nachsehen. Sie sind es auch, die im Alter von drei bis fünf Jahren ihre Familie verlassen müssen. Zusammen mit anderen Junggesellen versuchen sie dann, Anschluss an andere Gruppen zu finden – oder eine eigene zu gründen. Im April, also zum Ende der Regenzeit, kämpfen die Männchen um ranghöhere Stellungen in der Familie und damit das Vorrecht zur Paarung. Die Weibchen sind nur einen Tag lang paarungsbereit. Wer hier erfolgreich sein will, muss also gut aufpassen und den richtigen Zeitpunkt finden. Die Weibchen suchen sich ihren Partner jedoch selbst aus. Nicht selten paaren sie sich mit einer ganzen Reihe an Männchen. Die Trächtigkeit von vier einhalb Monaten fällt in die Trockenzeit. Erst mit der wieder einsetzenden Regenzeit ab September werden die Jungtiere geboren.  Meist sind es einzelne Kattas, aber auch Zwillinge kommen ab und zu vor. Nur ein Drittel davon erreicht das Erwachsenenalter.

Mit fünf Monaten werden die Jungtiere entwöhnt. Ihr Nahrungsspektrum erweitert sich von Tag zu Tag, bis sie all das fressen, was auch die älteren Familienmitglieder verspeisen. Kattas sind, was das Futter angeht, nicht wählerisch. Am liebsten sind ihnen Früchte, die es natürlich vorwiegend in der Regenzeit gibt. Aber auch Blüten, Blätter und Insekten kreuzen ihren Speiseplan. Kommt einmal ein zu langsames Chamäleon vorbei, wird auch das nicht verschmäht.

Katta frisst Frucht im Anja Reserve
Katta beim Verspeisen einer Frucht – man erkennt hier gut den für Lemuren typischen Zahnkamm

Tamarinden und Opuntien gehören zu den meistgefressensten Pflanzen. Kattas haben einen festen Tagesablauf: Vormittag und Nachmittag werden zur Nahrungssuche genutzt, die Mittagshitze wird verschlafen. Am Morgen kann man ein weltweit berühmt gewordenes Verhalten beobachten: Im Schneidersitz, die Hände auf den Knien ruhend, strecken die Kattas ihre Gesichter und Bäuche der Sonne entgegen. Diese „meditierende“ Körperhaltung dient dem Aufwärmen – die Kattas genießen tatsächlich die ersten Sonnenstrahlen. Kattas haben Streifgebiete, die sie bevorzugen, sind aber nicht streng territorial veranlagt. Sie teilen sich ihren Lebensraum häufig mit Larvensifakas, Wieselmakis und Fettschwanzmakis. Über den Tag wandern sie langsam von Futterstelle zu Futterstelle. Ungefähr einen Kilometer legen sie dabei an Wegesstrecke täglich zurück.

Typische Position eines Kattas
Typische Sitzhaltung

Dass viele Menschen Kattas putzig finden, wird den Tieren inzwischen zum Verhängnis: Jungtiere werden gewildert, um sie dann als Haustier in der eigenen Hütte zu halten. Oftmals werden sie Touristen gezeigt, die dann mit Katta auf der Schulter für ein Foto posieren. Die Mehrheit dieser Haustiere wird falsch ernährt, sehr mangelhaft gehalten und meist müssen sie – obwohl sehr sozial – ihr Dasein alleine fristen. Dies führt letztlich zu Erkrankungen und dem frühen Tod der Tiere. Einige madagassische Organisationen versuchen, diesem illegalen Handeln Einhalt zu gebieten. Informationsplattformen wie petlemur.com fordern Reisende auf, mit Kattas an Leinen oder in Hotels keine Fotos aufzunehmen und Restaurants sowie Hotels mit solchen „Haustieren“ zu meiden. Sie sorgen auch dafür, dass entdeckte Kattas beschlagnahmt werden. Aktuell gibt es nur ein Reservat, das beschlagnahmte Kattas aufnimmt und sie auf ihre Wieder-Auswilderung vorbereitet: Reniala in Ifaty-Mangily an der Südwestküste.  Kattas werden auch zum Verzehr gejagt. Ihr Fleisch wird vor allem in von Dürren und Hungersnöten geprägtem Süden Madagaskars heimlich auf Märkten und in Restaurants angeboten. Eine weitere Bedrohung für die Art ist die zunehmende Brandrodung, um Ackerland oder Zebuweiden zu gewinnen.

Wer Kattas auf Madagaskar gerne mal live erleben möchte, der hat die besten Chancen im Nationalpark Isalo, im Anja Community Reserve oder im Reservat Berenty. Dort sieht man die Tiere fast zu allen Jahreszeiten und kann sie bei der Futtersuche, beim Spielen und Interagieren beobachten. Besonders schön zum Beobachten von Kattas ist die Zeit von Oktober bis November. Dann sind die Jungtiere des Jahres alt genug für ihre ersten Streifzüge und bieten viele Fotomotive.

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