Brandneues

Die letzten Michelines

Madagaskar beherbergt aktuell die beiden letzten im Einsatz befindlichen Michelines weltweit. Zwar existieren noch andere Michelines beispielsweise in Frankreich, doch diese stehen sicher verwahrt in Museen. Auf der großen Insel dagegen transportieren zwei der Schienenbusse noch immer Reisende durch Madagaskar – wenn auch nur noch ab und zu.

Entwickelt wurden die Leichttriebwagen in den 1930er Jahren von André Michelin, der letztlich auch Namensgeber für seine Erfindung war. Er suchte nach einem Schienenfahrzeug, das eine bequemere, komfortablere und schnellere Reise ermöglichte als die bis dahin übliche, ruckelige Eisenbahn. Dazu nutzte Michelin mit Luft gefüllte Gummireifen mit einer Unterkonstruktion aus Aluminium, um die schweren Wagen überhaupt tragen zu können. Schon 1929 hatte er seine Idee patentieren lassen, verbesserte sie aber in den folgenden Jahren noch weiter und bewarb die Wagen dann zusammen mit seinem Sohn. 1937 fuhr die Micheline auf Madagaskar das erste Mal. Mit rund 44 km/h legte sie die knapp 370 km zwischen der Hauptstadt Antananarivo und der Ostküstenstadt Toamasina (Tamatave) in neun Stunden zurück. Die Reifen hielten 20.000 km, bevor sie gewechselt werden mussten.

Letztendlich setzten sich die Michelines gegenüber normalen Zügen – vor allem wegen ihres deutlich empfindlicheren Reifen – nicht durch. Auch auf Madagaskar sind die Reifen das größte Manko der Michelines, zumal die madagassischen Schienen kaum gewartet werden und insgesamt in schlechtem Zustand sind.

In Fianarantsoa im Süden Madagaskars, wo auch der Dschungelexpress verkehrt, kann zu besonderen Anlässen eine der beiden Michelines (Typ ZM 516) gemietet werden. Sie fährt auf nur ein Meter breiten Schmalspur-Schienen, die ausschließlich in den ehemaligen französischen Kolonien verbaut wurden. Auf gut 21 km Strecke bis nach Sahambavy sitzen Reisende bequem in den 19 Korbsesseln des mit Holz ausgekleideten Wagens, und lassen sich von einem original Motor mit 650 PS durch Madagaskar chauffieren.

Die zweite, im Jahr 2000 zuletzt renovierte Micheline vom Typ ZM 517 namens „Viko-Viko“ fuhr bis 2017 im zentralen Hochland von der Hauptstadt Antananarivo aus. Sie bediente die Strecken nach Andasibe im Osten des Landes (knapp 150 km) sowie ins südliche Hochland nach Antsirabe (rund 170 km). Letztere fuhr früher etwa alle zwei Wochen samstags um 8 Uhr nach Andasibe und sonntags zur gleichen Uhrzeit nach Antsirabe. Der einfache Fahrtpreis lag bei rund 100.000 Ariary (30 bis 35 €). Beide Michelines befinden sich in Besitz der Madarail. Fahrten sind leider momentan mangels Willen bei Madarail zur Instandhaltung der Züge kaum möglich.

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